Erfordernis einer Kündigungsschaltfläche für bestimmte Dauerschuldverhältnisse

27. Juni 2022

Für bestimmte Dauerschuldverhältnisse muss ab dem 1.7.2022 eine Kündigungsschaltfläche bereitgestellt werden. Die näheren Voraussetzungen für die Anwendbarkeit dieser Vorgabe sowie deren Modalitäten werden in einem neuen Paragraphen § 312k BGB beschrieben. Diese Vorschrift finden Sie nachstehend abgedruckt, ergänzt um weiterführende Erläuterungen, die großenteils der Gesetzesbegründung entnommen sind (Erläuterungen im Kursivdruck):

§ 312k    Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr

(1)     Wird Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, das einen Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet, so treffen den Unternehmer die Pflichten nach dieser Vorschrift.

  • „im elektronischen Geschäftsverkehr“ meint vereinfacht gesagt: wenn die Bestellung oder Buchung online ermöglicht wird (statt bspw. im Wege individueller Kommunikation per E-Mail); dabei kommt es nicht darauf an, ob der zu kündigende Vertrag auch tatsächlich im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen wurde. Entscheidend ist vielmehr, ob der Unternehmer zum Zeitpunkt der Kündigung eines Vertrags dessen Abschluss im elektronischen Geschäftsverkehr ermöglicht. 
  • „Dauerschuldverhältnis“ meint vereinfacht gesagt, dass ein dauerndes Verhalten oder wiederkehrende Leistungen (statt einmaliger Leistung) geschuldet sind und der Gesamtumfang der Leistung von der Dauer der Rechtsbeziehung abhängt, wie es bspw. bei Mietverträgen oder häufig auch bei Dienstverträgen der Fall ist. Bei Lieferverträgen mit wiederholten Lieferungen ist danach zu unterscheiden, ob der Lieferumfang von vornherein feststeht (dann kein Dauerschuldverhältnis) oder nicht (dann Dauerschuldverhältnis).

 Dies gilt nicht

  1. für Verträge, für deren Kündigung gesetzlich ausschließlich eine strengere Form als die Textform vorgesehen ist, und
    • eine strengere Form als die Textform ist bspw. die Schriftform, wie sie etwa für die Kündigung von Arbeitsverträgen oder Wohnraummietverhältnissen erforderlich ist
  1. in Bezug auf Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen, oder für Verträge über Finanzdienstleistungen.

(2)    Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags nach Absatz 1 Satz 1 über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein.

  • Andere Angaben als „Verträge hier kündigen“ sind nur zulässig, wenn sie ebenso eindeutig sind. Dabei ist zu beachten, dass aus einer gegebenenfalls abweichenden Angabe ebenso deutlich werden muss, dass mit Betätigung der Kündigungsschaltfläche die Kündigung noch nicht erklärt wird, sondern nur der Kündigungsvorgang eingeleitet wird. Verbrauchern soll durch die Formulierung auf jeden Fall verdeutlicht werden, dass sie bei Betätigen der Schaltfläche noch weitere Angaben machen können, bevor die Kündigungserklärung abgegeben werden kann.

Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die

1.  den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen

(a)   zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund,

  • „Art der Kündigung“ meint wohl, ob es um eine ordentliche Kündigung oder um eine außerordentliche Kündigung geht; näher ausgeführt werden muss das aber nicht.

(b)   zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit,

  • Typischerweise dürften zur Identifizierung der Name und die Anschrift erforderlich sein.

(c)   zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags,

  • Zur Bezeichnung des Vertrags kann der Unternehmer Kunden-, Bestell- oder Vertragsnummern abfragen.

(d)  zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll,

  • Dies darf aber nicht als Pflichtangabe verlangt werden, ohne welche die Kündigung nicht über die Webseite erklärt werden kann. Neben der Möglichkeit zur Eingabe eines konkreten Datums sollte unter anderem auch die Angabe „schnellstmöglich“ oder eine ähnliche Formulierung ermöglicht werden, welche den Wunsch zur Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt zum Ausdruck bringt.

(e)   zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn und

  • in der Regel die E-Mail-Adresse 

2.   eine Bestätigungsschaltfläche enthält, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

  • Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein. Verbraucher müssen somit jederzeit und ohne sich hierfür zunächst auf der Webseite anmelden zu müssen auf die beiden Schaltflächen und die Bestätigungsseite zugreifen können.

(3)   Der Verbraucher muss seine durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern können, dass erkennbar ist, dass die Kündigungserklärung durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegeben wurde.

  • Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Verbraucher bereits die Abgabe der Kündigungserklärung dokumentieren kann. Dies kann zum Beispiel durch eine herunterladbare Zusammenfassung des Inhalts der mittels der Kündigungsschaltfläche abgegebenen Kündigungserklärung geschehen, die insbesondere das Datum und die Uhrzeit der Betätigung der Schaltfläche dokumentiert.

(4)    Der Unternehmer hat dem Verbraucher den Inhalt sowie Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen. Es wird vermutet, dass eine durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegebene Kündigungserklärung dem Unternehmer unmittelbar nach ihrer Abgabe zugegangen ist.

(5)     Wenn der Verbraucher bei der Abgabe der Kündigungserklärung keinen Zeitpunkt angibt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll, wirkt die Kündigung im Zweifel zum frühestmöglichen Zeitpunkt.

(6)     Werden die Schaltflächen und die Bestätigungsseite nicht entsprechend den Absätzen 1 und 2 zur Verfügung gestellt, kann ein Verbraucher einen Vertrag, für dessen Kündigung die Schaltflächen und die Bestätigungsseite zur Verfügung zu stellen sind, jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Die Möglichkeit des Verbrauchers zur außerordentlichen Kündigung bleibt hiervon unberührt.

Autor: Rechtsanwalt Marc Dimolaidis LL.M.

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