7. Oktober 2021
Ab dem 1.12.2021 gilt das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG). Danach können Anbieter, die einen Kommunikationskanal für die Kommunikation der Nutzer untereinander über das Internet bereitstellen, u.a. dem Fernmeldegeheimnis unterliegen.
Fernmeldegeheimnis jetzt auch für sog. „Over-the-top-(OTT)“-Dienste
Das TTDSG regelt besondere Datenschutzvorgaben für Telekommunikations- und Telemedienanbieter. Die Telekommunikationsanbieter unterliegen dabei weitergehenden Datenschutzvorgaben als die Telemedienanbieter. Zu diesen Datenschutzvorgaben zählen u.a. das Fernmeldegeheimnis und besondere Vorgaben zur Verarbeitung von Verkehrsdaten und Standortdaten.
Als Telekommunikationsanbieter kommen grundsätzlich solche Anbieter in Betracht, die einen Kommunikationskanal für die Kommunikation der Nutzer untereinander bereitstellen. Eine wesentliche Neuerung ist insoweit, dass zu den Telekommunikationsanbietern nunmehr auch sogenannte „Over-the-top-(OTT)“-Dienste zählen können. Das ergibt sich aus der Neufassung des Telekommunikationsgesetzes, das ebenfalls zum 1.12.2021 geändert wird. OTT-Dienste sind solche Dienste, die die Kommunikation von Nutzern untereinander über eine Internetverbindung anbieten, ohne das Signal selbst zu übertragen, die also keine eigene Telekommunikationsinfrastruktur haben. Beispiele sind laut Gesetzesbegründung E-Mail-Dienste, Messenger-Dienste oder Gruppenchats.
Konsequenzen einer Einordnung als Telekommunikationsanbieter
Daher stellt sich jetzt die Frage, ob Internetanbieter wie bspw. ein Marktplatz als Telekommunikationsanbieter einzuordnen sein könnten, nur weil/wenn sie einen Kommunikationskanal für die Kommunikation der Nutzer untereinander bereitstellen.
Eine Einordnung als Telekommunikationsanbieter hätte weitreichende Konsequenzen, nicht nur was die o.g. besonderen Vorgaben für den Datenschutz gemäß TTDSG wie u.a. das Fernmeldegeheimnis anbelangt. Hinzu kommen weitere Vorgaben nach dem Telekommunikationsgesetz wie besondere Kundeninformationspflichten, eine Pflicht zur Datenerhebung für Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden oder – unter Umständen – auch eine Abgabepflicht für das „schnellere Internet“, nur um einige Beispiele zu nennen.
Ausnahmekriterien
Die Antwort hängt davon ab, ob eines der Ausnahmekriterien greift:
Von den Telekommunikationsdiensten ausgenommen sind zum einen solche Dienste, die Inhalte anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über Inhalte ausüben, also bspw. Suchmaschinen, On-Demand-Plattformen oder Informationsportale.
Des Weiteren sind solche Dienste ausgenommen, die Telekommunikation lediglich als untrennbar mit einem anderen Dienst verbundene untergeordnete Nebenfunktion ermöglichen. Die Gesetzesbegrünung nennt als Beispiel eine Chat-Funktion in Online-Spielen, über die Nutzer miteinander kommunizieren können; kann dieser Kommunikationskanal aber auch unabhängig vom Online-Spiel genutzt werden, könne er wiederum als Telekommunikationsdienst einzuordnen sein.
Eine gewisse Hürde mag schließlich noch das Kriterium darstellen, dass nur solche Dienste in Betracht kommen, die gewöhnlich gegen Entgelt erbracht werden; insoweit dürfte allerdings grundsätzlich auch eine Finanzierung durch indirekte Einnahmen oder eine „Bezahlung“ mit den Daten der Nutzer in Betracht kommen.
Ein Marktplatzbetreiber, der einen Kommunikationskanal für die Kommunikation der Nutzer untereinander bereitstellt (unser eingangs genanntes Beispiel), wird dementsprechend in der Regel nicht als Telekommunikationsanbieter einzuordnen sein, weil/wenn dieser Kommunikationskanal lediglich der Anbahnung oder Abwicklung der Transaktionen der Marktplatzteilnehmer untereinander dient.
In vielen Fällen wird die Beurteilung aber nicht ganz einfach sein.
Fazit
Ab 1.12.2021 wird für die Einordnung als Telekommunikationsdienst nicht mehr erforderlich sein, dass der Anbieter eines Dienstes, über den Nutzer untereinander kommunizieren können, selbst eine Telekommunikationsinfrastruktur betreibt. Vielmehr wird insoweit ausreichen, wenn der Anbieter den Kommunikationsdienst lediglich über eine Internetverbindung anbietet (sog. „Over-the-top-„Dienst). Damit werden bestimmte Vorgaben des Telekommunikationsrechts wie bspw. das Fernmeldegeheimnis für einen deutlich weiteren Kreis von Anbietern Anwendung finden.
Rechtsanwalt Marc Dimolaidis LL.M.
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