Die neue EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) – Vorgaben für Online-Händler

5. Dezember 2024

Aus der neuen EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) ergeben sich für die Zeit ab 13.12.2024 nicht nur für Hersteller, Einführer etc. wichtige Neuerungen, sondern auch für Händler. U.a. müssen Online-Händler diverse Pflichtinformationen in die Online-Präsenz aufnehmen. Der Artikel gibt einen Überblick.

Inhalt

1         Einführung
2         Zum Anwendungsbereich der GPSR
3         Pflichtangaben beim Fernabsatz (Artikel 19 GPSR)
4         Weitere Pflichten des Händlers (Artikel 12 GPSR)

1         Einführung

Für Händler ergeben sich für die Zeit ab 13.12.2024 aus der neuen EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) – Verordnung (EU) 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit (General Product Safety Regulation) umfangreiche Neuerungen.

Beim Fernabsatz müssen in das Angebot – beim Online-Handel also in die Online-Präsenz – diverse Pflichtinformationen aufgenommen werden (Artikel 19 GPSR).

Weiters hat der Händler das Produkt auf die Einhaltung bestimmter Anforderungen der GPSR zu kontrollieren, sichere Lagerungs- und Transportbedingungen zu gewährleisten und im Falle, dass ein Produkt nicht konform oder nicht sicher erscheint, bestimmte Maßnahmen zu treffen (Artikel 12 GPSR).

Die nachstehende Darstellung beschränkt sich auf die Vorgaben der GPSR für Händler. Für andere Wirtschaftsakteure wie Hersteller, Bevollmächtigte des Herstellers, Einführer, Fulfilment-Dienstleister und Anbieter von Online-Marktplätzen ergeben sich aus der GPSR weitere Vorgaben. Befindet ein Händler sich zugleich in der Rolle eines solchen anderen Wirtschaftsakteurs, ist er bspw. zugleich auch Hersteller, dann unterliegt er zusätzlich auch den einschlägigen Vorgaben der GPSR für den betreffenden anderen Wirtschaftsakteur; die Vorgaben der GPSR für solche anderen Wirtschaftsakteure werden hier nicht erörtert.

2         Zum Anwendungsbereich der GPSR

Zum Anwendungsbereich der GPSR:

  • Die Verordnung gilt nur für Verbraucherprodukte. Produkt im Sinne der Verordnung bezeichnet gemäß Art. 3 Nr. 1 GPSR jeden Gegenstand, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Gegenständen entgeltlich oder unentgeltlich — auch im Rahmen der Erbringung einer Dienstleistung — geliefert oder bereitgestellt wird und für Verbraucher bestimmt ist oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen wahrscheinlich von Verbrauchern benutzt wird, selbst wenn er nicht für diese bestimmt ist.
    Ob die Produkte B2C oder B2B verkauft werden, spielt keine Rolle, solange es sich um Verbraucherprodukte im vorstehenden Sinne handelt.
  • Die neue Produktsicherheitsverordnung gilt nicht für die in Artikel 2 Absatz 2 GPSR aufgeführten Produkte. Dazu zählen u.a. Arzneimittel, Lebensmittel, Futtermittel, Pflanzenschutzmittel oder Antiquitäten. Hintergrund: Für diese Produkte (außer für Antiquitäten) gelten jeweils Sonderregelungen aufgrund anderer Gesetze.
  • Nur eingeschränkt anwendbar ist die GPSR gemäß Art. 2 Absatz 1, soweit es im Rahmen des Unionsrechts spezifische Bestimmungen über die Sicherheit der betreffenden Produkte gibt, mit denen dasselbe Ziel verfolgt wird. Dazu zählen u.a. die Harmonisierungsvorschriften der Union im Sinne von Artikel 3 Nummer 27 GPSR; das sind die in Anhang I der Verordnung (EU) 2019/1020 aufgeführten Rechtsvorschriften der Union (eine sehr lange Liste!) sowie alle sonstigen Rechtsvorschriften der Union zur Harmonisierung der Bedingungen für die Vermarktung von Produkten, auf die jene Verordnung Anwendung findet. Solche Harmonisierungsvorschriften gibt es bspw. für Spielzeug, Kosmetika oder Chemikalien.
    Jedenfalls für Produkte, die solchen Harmonisierungsvorschriften unterliegen, bleibt Art. 19 GPSR (Pflichtangaben beim Fernabsatz) allerdings anwendbar.
  • Die GPSR gilt für neue, gebrauchte, reparierte oder wiederaufgearbeitete Produkte, die in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden. Sie gilt nicht für Produkte, die vor ihrer Verwendung repariert oder wiederaufgearbeitet werden müssen, wenn diese Produkte als solche in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden und eindeutig als solche gekennzeichnet sind.
  • Übergangsregelung: Nicht eindeutig geregelt ist, ob die Anforderungen der neuen Produktsicherheitsverordnung ab dem 13.12.2024 auch für solche Produkte umgesetzt werden müssen, die vor dem 13.12.2024 in Verkehr gebracht wurden, also vor diesem Datum erstmalig auf dem Unionsmarkt bereitgestellt wurden. Es ist wohl anzunehmen, dass solche Produkte zumindest unverändert abverkauft werden können, also nicht nachgelabelt werden müssen. Größer ist die Unsicherheit darüber, ob für solche Produkte auch die o.g. Pflichtangaben im Fernabsatz gemäß Art. 19 GPSR entfallen (wohl ja).

3         Pflichtangaben beim Fernabsatz (Artikel 19 GPSR)

Händler müssen auf ihrer Online-Präsenz ab 13.12.2024 gemäß Artikel 19 GSPR eindeutig und gut sichtbar folgende Angaben zu Produkten, die unter die GPSR fallen (s.o. Ziffer 2. zum Anwendungsbereich), hinterlegen:

Artikel 19
Pflichten der Wirtschaftsakteure im Hinblick auf den Fernabsatz

Stellt ein Wirtschaftsakteur Produkte online oder über eine andere Form des Fernabsatzes auf dem Markt bereit, so muss das Angebot dieser Produkte mindestens die folgenden eindeutigen und gut sichtbaren Angaben enthalten:

a) den Namen, den eingetragenen Handelsnamen oder die eingetragene Handelsmarke des Herstellers sowie die Postanschrift und die elektronische Adresse, unter denen er kontaktiert werden kann,

b) falls der Hersteller nicht in der Union niedergelassen ist: den Namen, die Postanschrift und die elektronische Adresse der verantwortlichen Person im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 dieser Verordnung oder des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1020,

c) Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich einer Abbildung des Produkts, seiner Art und sonstiger Produktidentifikatoren, und

d) etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen, die gemäß dieser Verordnung oder den anwendbaren Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union in einer Sprache, die für die Verbraucher leicht verständlich ist und die der Mitgliedstaat festlegt, in dem das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird, auf dem Produkt oder auf der Verpackung anzubringen oder in einer Begleitunterlage beizufügen sind.

Erläuterungen dazu:

  • Hersteller ist jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwerfen oder herstellen lässt und dieses Produkt im eigenen Namen oder unter der eigenen Handelsmarke vermarktet. Besonderheiten gelten, wenn eine andere natürliche oder juristische Person als der Hersteller das Produkt unter ihrem Namen oder ihrer Handelsmarke in Verkehr bringt (dann gilt diese andere Person als Hersteller) oder das Produkt wesentlich verändert und dies Auswirkung auf die Sicherheit des Produkts hat (für Einzelheiten dazu siehe Artikel 13 GPSR).
  • Verantwortliche Person im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 GPSR oder des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1020:
    Ein Produkt, das unter eine dieser Verordnungen fällt, darf in der Union nur in Verkehr gebracht werden, wenn es einen Wirtschaftsakteur gibt, der für bestimmte Aufgaben nach diesen Verordnungen verantwortlich ist. Dazu zählen bspw. die Überprüfung, ob die technischen Unterlagen und das Produkt selbst im Einklang mit bestimmten Vorgaben der Verordnungen steht. Der Name, der eingetragene Handelsname oder die eingetragene Handelsmarke und die Kontaktdaten einschließlich der Postanschrift und der elektronischen Adresse der Verantwortlichen Person sind auf dem Produkt oder auf seiner Verpackung, auf dem Paket oder in einer Begleitunterlage anzugeben, müssten sich dort also finden lassen.
  • Als elektronische Adresse kann die E-Mail-Adresse oder ein Link zu einem Kontaktformular oder die Internetadresse des Herstellers bzw. der Verantwortlichen Person angegeben werden; wird (nur) die Internetadresse angegeben, so ist möglicherweise zusätzlich erforderlich, dass auf der betreffenden Website eine Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme enthalten ist, bspw. ein Kontaktformular oder ein Chat.
  • Die Pflichtangaben gemäß Art. 19 GPSR müssen bei Online-Angeboten „eindeutig und gut sichtbar“ hinterlegt werden. Das kann beispielsweise innerhalb der Artikelbeschreibung erfolgen.

4         Weitere Pflichten des Händlers (Artikel 12 GPSR)

Gemäß Art. 12 GPSR treffen den Händler folgende weiteren Pflichten (natürlich nur, soweit die GPSR anwendbar ist, dazu s.o. Ziffer 2.):

  • Bevor Händler ein Produkt auf dem Markt bereitstellen, vergewissern sie sich, dass der Hersteller und gegebenenfalls der Einführer folgende Anforderungen der GPSR, soweit anwendbar, erfüllt haben:

o     dass die Produkte eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes für Verbraucher leicht erkennbares und lesbares Element zu ihrer Identifizierung tragen oder, falls dies aufgrund der Größe oder Art des Produkts nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in einer dem Produkt beigefügten Unterlage (Art. 9 Absatz 5 GPSR)

o     Angaben zum Hersteller bzw. Einführer (ihr Name, ihr eingetragener Handelsname oder ihre eingetragene Handelsmarke, ihre Postanschrift und ihre elektronische Adresse sowie, falls abweichend, die Postanschrift oder die elektronische Adresse der zentralen Anlaufstelle, unter der sie kontaktiert werden können) auf dem Produkt selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in einer dem Produkt beigefügten Unterlage, nach näherer Maßgabe von Art. 9 Absatz 6 GPSR (Hersteller) bzw. von Art. 11 Abs. 3 GPSR (Einführer)

o     Beifügung klarer Anweisungen und Sicherheitsinformationen, sofern erforderlich, nach näherer Maßgabe von Art. 9 Abs. 7 GPSR (Hersteller) bzw. von Art. 11 Abs. 4 GPSR (Einführer)

  • Solange sich ein Produkt in ihrer Verantwortung befindet, gewährleisten die Händler, dass die Lagerungs- oder Transportbedingungen die Konformität des Produkts mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Artikel 5 GPSR (sieht vor, dass die Wirtschaftsakteure nur sichere Produkte in Verkehr bringen oder auf dem Markt bereitstellen dürfen) und mit Artikel 9 Absätze 5, 6 und 7 GPSR sowie Artikel 11 Absätze 3 und 4 GPSR (zu diesen Vorschriften s.o. unter vorstehendem Spiegelstrich), soweit anwendbar, nicht beeinträchtigen.
  • Wenn ein Händler aufgrund der ihm vorliegenden Informationen der Auffassung ist oder Grund zu der Annahme hat, dass ein Produkt nicht mit Artikel 5 GPSR, Artikel 9 Absätze 5, 6 und 7 GPSR sowie Artikel 11 Absätze 3 und 4 GPSR (zu diesen Vorschriften s.o. unter dem ersten Spiegelstrich dieser Ziffer 4.), soweit anwendbar, konform ist, darf der Händler das Produkt nicht auf dem Markt bereitstellen, es sei denn, die Konformität des Produkts wurde hergestellt.
  • Wenn ein Händler aufgrund der ihm vorliegenden Informationen der Auffassung ist oder Grund zu der Annahme hat, dass ein von ihm auf dem Markt bereitgestelltes Produkt ein gefährliches (also nicht sicheres) Produkt ist oder nicht mit Artikel 9 Absätze 5, 6 und 7 GPSR sowie Artikel 11 Absätze 3 und 4 GPSR, soweit anwendbar (zu diesen Vorschriften s.o. unter dem ersten Spiegelstrich dieser Ziffer 4.), konform ist, verfährt der Händler wie folgt:

a)    er unterrichtet unverzüglich den Hersteller bzw. den Einführer davon;

b)    er stellt sicher, dass die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, um die Konformität des Produkts auf wirksame Weise herzustellen, wozu gegebenenfalls auch eine Rücknahme vom Markt oder ein Rückruf gehören können; und

c)    er stellt sicher, dass die Marktüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wurde, unverzüglich über das Safety-Business-Gateway (Meldeportal zum Schnellwarnsystem Safety Gate) davon unterrichtet werden.

Für die Zwecke der o.g. Buchstaben b) und c) gibt der Händler die ihm vorliegenden sachdienlichen Informationen über das Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern, die Zahl der betroffenen Produkte und etwaige bereits ergriffene Korrekturmaßnahmen an.

Rechtsanwalt Marc Dimolaidis LL.M.