23. September 2019
Die Werbung mit gekauften Bewertungen hat das OLG Hamm bereits in einem Urteil aus dem Jahre 2010 für irreführend befunden. Zu der Frage, ob das auch für Bewertungen gilt, die mit Gewinnspielen generiert wurden, gab es bislang keine obergerichtliche Rechtsprechung. Jetzt hat sich das OLG Frankfurt (Urteil vom 16.05.2019 – Az. 6 U 14/19) dazu geäußert.
Werbung mit durch ein Gewinnspiel „erkauften“ Bewertungen ist irreführend
Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 16. Mai 2019 (Az: 6 U 14/19) befunden, dass auch die Werbung mit Bewertungen, die durch ein Gewinnspiel „erkauft“ sind, irreführend ist. Werde nämlich mit Bewertungen Dritter geworben, dann müsse ein Kunde, der eine Empfehlung ausspricht, in seinem Urteil frei und unabhängig sein. Ein zu Unrecht erzeugter Anschein der Objektivität sei irreführend. Es sei davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurden, weil die Bewerter durch die Gewinnspielteilnahme „belohnt“ wurden. Auch liege es auf der Hand, dass Bewertungen aus Anlass eines Gewinnspiels eher positiv ausfallen.
Auch dann, wenn die Abgabe der Bewertung nur „chancenerhöhend“ ist
Im entschiedenen Fall war die Abgabe der Bewertungen zwar nicht zwingend, aber chancenerhöhend für die Teilnahme am Gewinnspiel. Wie das Gericht entschieden hätte, wenn die Bewertungen weder zwingend noch chancenerhöhend für die Teilnahme am Gewinnspiel gewesen wären, sondern nur „gelegentlich“ der Teilnahme am Gewinnspiel abgegeben worden wären, bleibt offen.
Auch wenn nicht Produkte bewertet werden, sondern nur die Internetpräsenz
Weiter führt das OLG Frankfurt aus, dass es keinen Unterschied machen könne, ob Kunden einzelne Produkte oder den Social-Media-Auftritt bewerten. Denn der Durchschnittsverbraucher gehe davon aus, dass nur mit dem Produktangebot zufriedene Kunden auch den Social-Media-Auftritt positiv bewerten.
Ausräumung der Irreführung durch einen aufklärenden Hinweis
Die Irreführung dürfte sich zwar ausräumen lassen, wenn bei der Darstellung der Bewertungen darauf hingewiesen wird, dass diese aus Anlass eines Gewinnspiels abgegeben wurden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 23.11.2010, Az. 4 U 136/10). Praktisch gesehen würde ein solcher Hinweis den Werbewert der Kundenbewertungen allerdings erheblich beeinträchtigen. Problematisch ist zudem, dass bei Bewertungen, die z. B. auf Google oder Facebook dargestellt werden, ein Hinweis auf die Gewinnspielteilnahme technisch eventuell nicht möglich sein wird.
Fazit
Dem Urteil des OLG Frankfurt zufolge ist die Werbung mit Bewertungen, die durch ein Gewinnspiel „erkauft“ sind, irreführend . Zwar dürfte sich eine wettbewerbswidrige Irreführung durch einen aufklärenden Hinweis bei der Darstellung der Bewertungen ausräumen lassen; ob eine Werbung mit einem solchen Hinweis werblich noch sinnvoll ist, ist allerdings fraglich.
Rechtsanwalt Marc Dimolaidis
WEITERE ARTIKEL ZU BEWERTUNGEN: