22. Juni 2023
Werben Händler gegenüber Verbrauchern mit Garantien, so müssen sie über den Bestand und die Bedingungen der Garantie informieren. F’ür die Garantieerklärung selbst gelten weitere Informationspflichten. In jüngerer Zeit haben sich einige rechtliche Neuerungen ergeben. Der Artikel enthält einen aktuellen Überblick zu den rechtlichen Vorgaben und eine Handlungsempfehlung (am Ende des Artikels).
Inhalt
1 Informationspflichten bei Hinweis auf eine Garantie
…….1.1 In das Internetangebot aufzunehmende Informationen
…….1.2 Ausnahmen von der Informationspflicht
2 Informationspflichten bei der Garantieerklärung (§ 479 BGB)
…….2.1 Inhalt der Informationspflichten
…….2.2 Wann und wo erfolgt die Garantieerklärung?
3 Fazit und Handlungsempfehlung
1 Informationspflichten bei Hinweis auf eine Garantie
1.1 In das Internetangebot aufzunehmende Informationen
Händler müssen Verbraucher vor Vertragsschluss über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien informieren. Für Online-Händler ergibt sich das aus Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB. Dabei reicht bspw. eine bloße Aussage, dass eine Garantie X Jahre gelten soll, nicht aus. Es müssen genauere Angaben mit den wesentlichen Inhalten der Garantie und dazu, wie der Kunde die Garantie geltend machen kann, gemacht werden. Dies kann neben der Garantiedauer und dem Geltungsbereich dem EuGH zufolge (Urt. v. 05.05.2022, Rs. C-179/21) auch den Reparaturort bei Beschädigungen, mögliche Beschränkungen der Garantie und Name und Anschrift des Garantiegebers beinhalten.
Die Informationen müssen vor der Abgabe der Bestellung des Verbrauchers bereitgestellt werden. Dies kann etwa direkt in der Artikelbeschreibung geschehen oder über eine aussagekräftige Verlinkung auf eine gesonderte Seite, auf der die Garantiebedingungen aufführt sind.
1.2 Ausnahmen von der Informationspflicht
Die Informationspflicht wird bei einer Herstellergarantie jedoch nicht schon allein aufgrund des Bestehens dieser Garantie ausgelöst. Vielmehr besteht die Informationspflicht einem jüngeren Urteil des EuGH (Urt. v. 05.05.2022, Rs. C-179/21) zufolge lediglich dann, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran hat, Informationen über die Garantie zu erhalten, um seine Entscheidung treffen zu können, ob er sich vertraglich an den Unternehmer binden möchte. Ein solches berechtigtes Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn der Händler die Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. Erwähnt der Händler in seinem Internetangebot die Herstellergarantie dagegen nur beiläufig, muss er dem Verbraucher keine Informationen hierzu zur Verfügung stellen. Das kann bspw. dann der Fall sein, wenn die Garantie nicht im eigentlichen Angebotstext erwähnt wird, sondern sich erst aus einem im Angebot verlinkten Produktinformationsblatt des Herstellers ergibt (vgl. o.g. Urteil des EuGH).
1.3 Übermittlung der Informationen per E-Mail
Besteht die Informationspflicht, so sind die Informationen außerdem in die sog. Vertragsbestätigung aufnehmen, die der Online-Händler dem Verbraucher gemäß den § 312f Absätze 2 und 3 BGB spätestens bei Lieferung der Ware oder vor Beginn der Dienstleistung auf einem dauerhaften Datenträger übermitteln muss. Das kann per Email, in Papierform (bspw. in der Ware beigefügten Unterlagen, etwa einer Garantiekarte) oder als PDF-Datei im Anhang einer Email geschehen (ein Hinweis auf die Webseite des Händlers oder Herstellers hingegen reicht nicht aus).
2 Informationspflichten bei der Garantieerklärung (§ 479 BGB)
2.1 Inhalt der Informationspflichten
Für die Garantieerklärung selbst gelten, unabhängig davon, beim Verkauf an Verbraucher die weitergehenden Vorgaben des § 479 BGB (neu gefasst zum 1.1.2022): Die Garantieerklärung muss einfach und verständlich abgefasst sein. Sie muss Folgendes enthalten:
- den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers bei Mängeln, darauf, dass die Inanspruchnahme dieser Rechte unentgeltlich ist sowie darauf, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden,
- den Namen und die Anschrift des Garantiegebers,
- das vom Verbraucher einzuhaltende Verfahren für die Geltendmachung der Garantie (z.B. Formerfordernisse, geforderte Angaben bspw. zu Mangel oder Kaufdatum, Einhalten der Garantiefrist, Angabe der Garantieleistung wie bspw. Austausch oder Reparatur)
- die Nennung der Ware, auf die sich die Garantie bezieht, und
- die Bestimmungen der Garantie, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes (die Dauer ist einschließlich Fristbeginn anzugeben, bspw. Übergabe oder Inbetriebnahme; sonstige anzugebende Bestimmungen wären bspw. eine Beschreibung des Garantiefalls oder von Bedingungen, von denen die Garantie abhängig ist wie bspw. regelmäßige Wartung).
Die Garantieerklärung ist dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen (zum Begriff des dauerhaften Datenträgers s.o. Ziffer 1.3.).
2.2 Wann und wo erfolgt die Garantieerklärung?
Bei einer Herstellergarantie wird die Garantieerklärung häufig erst durch Zusendung der Ware abgegeben, nämlich auf einem Beipackzettel, den der Verbraucher mit der Ware erhält.
Je nach den Einzelfallumständen kann allerdings bereits der Hinweis auf die Garantie im Internetangebot als Garantieerklärung anzusehen sein. In diesem Falle müssen die in Ziffer 2.1. bezeichneten Informationen nach § 479 BGB bereits im Internetangebot enthalten sein; nicht ausreichend wäre es in diesen Fällen, wenn die Informationen dem Kunden erstmals mit der Ware beigefügten Unterlagen, bspw. einer Garantiekarte, zur Verfügung gestellt werden.
Ein Hinweis auf die Garantie im Internetangebot ist dann als Garantieerklärung anzusehen, wenn er nicht lediglich als Werbung mit der Garantie, sondern bereits als verbindliches Versprechen der Garantie zu verstehen ist. Dies wiederum beurteilt sich danach, ob der Unternehmer den Verbraucher lediglich unverbindlich zur Bestellung auffordert (sog. „invitatio ad offerendum“) oder aber bereits ein rechtsverbindliches Angebot abgibt und der Verbraucher damit bereits zu entscheiden hat, ob er dieses annimmt. Eine durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung stellt im Zweifel kein rechtsverbindliches Angebot dar. Eine Ausnahme stellen bspw. Auktionen oder Sofort-kaufen Angebote bei ebay dar: Dabei handelt es sich bereits um rechtsverbindliche Angebote.
Gegen die Annahme einer Garantieerklärung im Internetangebot kann unabhängig davon sprechen, wenn der Hinweis auf eine Herstellergarantie eher als technisch-funktionale Erläuterung gestaltet ist, etwa durch eine Zwischenüberschrift “Weitere technische Informationen” und eine Verlinkung unter der Bezeichnung “Betriebsanleitung” (vgl. BGH-Urteil vom 10.11.2022, Az. I ZR 241/19).
Für eine Garantieerklärung im Internetangebot kann sprechen, wenn beim Hinweis auf eine Herstellergarantie der Eindruck entsteht, es handele sich um eine Garantie des Verkäufers statt des Herstellers (vgl. Urteil des OLG Hamm vom 25.08.2016, Az. 4 U 1/16).
3 Fazit und Handlungsempfehlung
Weist der Händler im Internetangebot auf eine Garantie hin, so kann er – je nach Ausgestaltung des Hinweises – verpflichtet sein, Verbraucher im Internetangebot über das Bestehen und die Bedingungen der Garantie zu informieren.
Ist der Hinweis auf die Garantie im Internetangebot bereits als Garantieerklärung, also als verbindliches Versprechen der Garantie, zu verstehen, so sind noch weitergehende Informationen zur Garantie anzugeben.
Will man nun im Internetangebot auf eine Garantie hinweisen, sollte man daher…
…im Falle einer Herstellergarantie:
– entweder sicherstellen, dass alle gesetzlich womöglich erforderlichen Informationen nach vorstehenden Ziffern 1.1. und 2.1. im Internetangebot eingebunden sind.
– oder eine Anwendbarkeit der Informationspflichten vermeiden, indem man sicherstellt, dass:
- man die Garantie nicht zu einem zentralen oder entscheidenden Bestandteil seines Internetangebots macht, sondern sie lediglich beiläufig einbindet (dazu s.o. Ziffer 1.2.)
- der Hinweis auf die Herstellergarantie nicht als Garantieerklärung verstanden werden kann (dazu s.o. Ziffer 2.2.)
- der Hinweis auf die Herstellergarantie nicht als Verkäufergarantie, also als eigene Garantie des Verkäufers (statt des Herstellers) missverstanden werden kann (dazu s.o. Ziffer 2.2.)
…im Falle einer Verkäufergarantie:
- Will man im Internetangebot auf eine Verkäufergarantie hinweisen, also auf eine Garantie, die nicht der Hersteller, sondern die Sie selbst als Verkäufer einräumen wollen, sollte man immer sicherstellen, dass alle Informationen nach vorstehenden Ziffern 1.1. und 2.1. im Internetangebot eingebunden sind.
Autor: Rechtsanwalt Marc Dimolaidis LL.M.
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